Die Zeitfreunde Gründerin Regina Wenzel im Interview
Regina Wenzel hat drei Kinder, Haus und Haushalt, Job und “Die Zeitfreunde” – ihr eigenes Unternehmen, quasi wie ein viertes Kind. Vor einem Jahr haben wir uns das erste Mal getroffen, nachdem Regina ein Coaching mit mir gewonnen hatte. Reka Ferien hatte uns in die Schweiz eingeladen, unsere Familien durften wir mitbringen, die Kids konnten urlauben, wir Mamas waren kreativ. Heute sind 12 Monate vergangen und Regina hat sich ihr trotz Hauptjob und Kids ihren Traum von den “Zeitfreunden” erfüllt. Wir haben über ihr erstes Jahr gesprochen, die Herausforderungen beim Gründen als Mama und wie sie das alles wuppt …
Leonie: Regina, es ist jetzt exakt ein Jahr her, dass wir zusammen in der Schweiz waren. Du hattest eine ganz konkrete Idee, nur damals noch keinen passenden Namen. Bei unserem Coaching sind „Die Zeitfreunde“ entstanden. Erzähl doch den Lesern mal, was die Zeitfreunde machen…
Regina: Auf dem Flyer von „die Zeitfreunde“ wird es gut zusammengefasst: Begleitung im Alltag, erlebnisvolle Aktionen und gemeinsame Freizeit. Wir begleiten also zum Beispiel beim wöchentlichen Einkauf im Supermarkt, beim Arztbesuch und fahren mit den Menschen zur Bank oder in die Apotheke. Aber wir gehen mit ihnen auch shoppen, spazieren, machen Ausflüge, gemeinsam Eis essen oder einen Kaffee trinken. Die Liste ist nicht abschließend und richtet sich nach den persönlichen Wünschen.
Nun richtet sich dein Angebot aber nicht nur an Senioren …
Richtig, die Zeitfreunde sind für alle da, die Unterstützung brauchen oder gemeinsame Zeit suchen. Bei meinen jungen Kunden, ist ein Grund für „die Zeitfreunde“, einen anderen Weg auszuprobieren, um sich der Welt wieder etwas zu nähern, weil es aufgrund einer psychischen Erkrankung auf klassischem Wege mit dem Sportverein oder den Freunden nicht funktioniert.
Wie bist du auf die Idee gekommen?
Die Idee für die Zeitfreunde kam mir in meiner Elternzeit von meinem 3. Kind. Ich hörte im Radio einen Beitrag darüber, dass ein Schauspieler aus den USA, in Kalifornien, sich dafür bezahlen lässt, dass er mit Menschen spazieren geht. Die Idee, das bei uns in der Gegend anzubieten, ließ mich nicht los. Ich spann die Idee weiter, denn ich fand, dass Spazieren gehen als einziges Angebot für mein Konzept zu wenig war. So nahm es seinen Lauf …
Die Zeit nach dem Coaching: wie war das für dich, in die Umsetzung zu gehen?
Super, denn das Coaching und die Idee, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, gab mir Energie und Motivation. Wir beide haben ja für die erste Zeit einen Plan mit den wichtigsten Punkten erstellt, was mir sehr geholfen hat. So handhabe ich es nach wie vor: Ohne meine To-do-Listen käme ich nicht klar.
Nun liegt ein Jahr zurück, was ist seitdem passiert?
Es ist einiges passiert in dem letzten Jahr: Nachdem der Aufbau von Website und Social Media fertig war, habe ich beim Kreis meiner Stadt ein Konzept vorgelegt, damit ich auch über die Krankenkasse abrechnen kann, was für mich ein großer Gewinn war. Dann ging ich im März mit meinem Angebot online. Seitdem habe ich einige feste Kunden gewonnen, die ich regelmäßig im Alltag begleite. Auch fanden zwei Events statt, die bei den Teilnehmern gut angekommen sind. Zudem sind Kooperationen mit sozialen Einrichtungen entstanden. Ich bin momentan dabei, dies weiter auszubauen. Ich habe mich auch mit verschiedenen Selbstständigen getroffen, mir Input von ihnen geholt und ich treffe mich mit Unternehmerinnen im Kreis Herford, um zu lernen, aber natürlich auch, um mein Angebot bekannter zu machen.
In deinem Hauptjob bist du Sozialarbeiterin. Wie unterscheidet sich diese Arbeit von der Arbeit, die du mit den Zeitfreunden machst?
Obwohl ich in meinem Hauptjob sehr autonom arbeiten kann, gibt es feste Vorgaben, einen Rahmen, der vom Arbeitgeber vorgegeben wird. Die Zeitfreunde hingegen, das bin ich. Hier steht 100% Regina dahinter. Meine persönliche Note steht hinter jedem Bild, Text und Idee.
Jetzt hast du einen hauptberuflichen Job, die Zeitfreunde und bist auch noch 3-fache Mama. Wie wuppst du das eigentlich alles?
Mit Organisation, Struktur und Menschen, die mich tatkräftig unterstützen. Kita und Schule mit Ganztagsbetreuung sind auch sehr wichtig und das läuft zum Glück super. Alle drei sind gut aufgehoben. Dann habe ich einen Mann, der hinter mir steht und alles mitträgt, was anfällt. Eine liebevolle Schwiegermutter, die die Kinder von der Kita und Schule abholt, kocht und bei allem Anderen mit anpackt. Ja, und dann gibt es Abende und Stunden am Morgen, die ich dafür nutze, um Papierkram, usw. zu erledigen. Ich habe aber gemerkt, dass es jetzt in eine Richtung geht, die meiner Familie und mir nicht gut tut und deswegen habe ich den nächsten Schritt gewagt und bin dabei, meine 30-Stunden-Stelle zu reduzieren.
Wie wichtig ist es, ein Netzwerk im Hintergrund zu haben?
Sehr wichtig! Ohne dieses Netzwerk würde es nicht funktionieren! Drei Kids bedeutet Schule, Kita, Sport, Hobbys und natürlich Verabredungen, Veranstaltungen, usw. – was jede Mami so kennt. Zudem arbeitet mein Mann eine Woche im Frühdienst und eine Woche im Spätdienst und kann deshalb nicht immer mithelfen.
Events machst du mit den Zeitfreunden auch – da bringst du dann Menschen unterschiedlichen Alters zum Beispiel beim gemeinsam Backen zusammen. Welche Event-Pläne hast du für das nächste Jahr?
Ja, Events sollen mein nächstes Standbein werden. Es gab ein Backevent im Juli und im November fand ein Singnachmittag in einem Seniorenheim statt. Das möchte ich weiter ausbauen. Ich habe zwei tolle Kooperationspartnerinnen gefunden, die Bäcker- und Konditormeisterin Marie Simon und Jeannette Gellfart, Musikpädagogin. Mit beiden plane ich weitere Events. Zum Beispiel auch, neben den Singnachmittagen mit einem Kinderchor in die Seniorenheime zu gehen. Gebacken wird auf jeden Fall auch nochmal. Dann möchte ich ein Event angehen, bei dem junge Musiker in Seniorenheimen auftreten.
MIT HERZ GRÖSSER WERDEN
Ich merke schon, du strotzt nur so vor Ideen, was sind deine weiteren Pläne für die Zeitfreunde?
Mein Ziel ist es, die Zeitfreunde weiter aufzubauen. Konkrete Pläne für nächstes Jahr sind unter anderem: ein Imagefilm, der im Kino bei uns in der Stadt gezeigt wird. Meinen Kundenstamm weiter aufzubauen und neue Kooperationspartner zu gewinnen. Events planen und durchführen. Wobei mir immer wichtig ist, dass die Zeitfreunde ihre persönliche Note nicht verlieren und mit Herz größer werden.
Kannst du Mamas ein paar Tipps geben, die sich mit einer Idee selbstständig machen wollen aber nicht genau wissen, welche Wege sie gehen sollten?
- 1. Informiert euch über den Angebotsmarkt in den ihr gehen wollt. Gibt es dieses Angebot schon? Was hebt mein Angebot von den anderen ab? (Ich habe das nicht ausführlich gemacht und später festgestellt, dass mein Angebot in ähnlicher Weise vom Ansatz schon existiert.)
- 2. Verschafft euch einen Überblick über private Ressourcen. Wer kann mich unterstützen, wenn die Kinder krank werden? Wer kümmert sich mit mir um die Kinder, wenn ich mehr arbeiten muss? Denn ein privates Netzwerk (Babysitter, Oma, Tante, Haushaltshilfe) zusätzlich zur normalen Betreuung war für mich sehr wichtig.
- 3. Versucht trotz allem entspannt zu bleiben und tief durchzuatmen. Mit den eigenen Kräften haushalten und auch an sich denken, ist so wichtig. Denn für einen langen Weg braucht man über einen langen Zeitraum Kraft.
- 4. Strukturiertes Vorgehen, mit To-do-Liste und Zielsetzung. Einen Plan erstellen und eins nach dem anderen abarbeiten.
- 5. Idee/Geschäft nebenbei nach und nach aufbauen. Mir hat es sehr geholfen, dass ich meinen Job weiter behalten habe, weil ich dadurch keinen finanziellen Druck hatte. Natürlich ist die Doppelbelastung enorm, aber ich würde es immer wieder so machen. Den Druck, ich muss jetzt Summe X verdienen, um meiner Familie finanziell nicht zu schaden, wollte ich nicht.
- 6. Eine Idee muss reifen, seid euch sicher, dass ihr das auch wirklich wollt. Denn in Momenten, wo alles schwierig ist und die großen Zweifel kommen, muss „Frau“ 100% hinter der Idee stehen.
Was war dein größtes Learning in den letzten 12 Monaten?
Dass die Umsetzung einer Idee Zeit braucht. Und, dass genau das okay ist. Ich habe mir zu Beginn viel Druck gemacht, das XY zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein muss. Das ist aber mit Kindern, beruflichem Alltag, usw., für mich nicht möglich gewesen. Zu akzeptieren, dass manches seine Zeit braucht, hat mich weiter gebracht. Dabei musste ich mir aber immer wieder ins Gedächtnis rufen, nicht den Fokus zu verlieren und neben der Geduld weiter an den Zielen zu arbeiten.
Danke für die spannenden Einblicke, liebe Regina! Ich drücke dir alle Daumen fürs “größer werden mit Herz”!
Liebe Leonie, vielen Dank für das Interview. Das Coaching mit dir in meiner Gründungsphase und deine Hilfsbereitschaft in meinem ersten Jahr waren sehr wertvoll und unterstützend für mich. Dafür sage ich von ganzem Herzen: DANKE.
Fotos: Stefan Zürrer für Reka