Wir haben ein riesiges Problem!“

Digital-Fragen an Thomas-Gabriel Rüdiger, Cyberkriminologe

Wenn andere Feierabend machen, die Füße hochlegen, den Fernseher anschmeißen und ausspannen, arbeitet Thomas-Gabriel Rüdiger einfach weiter. Der Cyberkriminologe ist immer online – außer, wenn er schläft. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung beschreibt ihn als “der wohl best informierteste Cybercop Deutschlands“. Denn keiner ist so nah dran, an den echten Problemfällen des WWW.

Thomas-Gabriel Rüdiger war Polizist und ist jetzt Cyberkriminologe – im Netz. Er kann uns vielleicht nicht beruhigen, er kann uns aber die Augen öffnen. Sein Blick ist ungeschönt, seine wissenschaftlichen Ergebnisse basieren auf Studien, Internet-Recherche, teilnehmender Beobachtung, politischer Beratung und jahrelanger Polizeiarbeit.

Thomas-Gabriel Rüdiger ist auch Vater. Auch er will seine Kinder geschützt wissen und hat konkrete Ideen, wie das ablaufen könnte. Ich freue mich sehr, dass Thomas sich Zeit für ein virtuelles Gespräch genommen hat.

 

cyberkriminologe thomas gabriel rüdiger

Leonie: Thomas, wir sprechen heute über deine Arbeit im Netz – und ganz konkret über „Kids im Netz“ …

Thomas-Gabriel Rüdiger: Kinderthemen sind für mich immer ein guter Weg, digitale Probleme und Thesen zu diskutieren. Weil bei Kindern die Leute begreifen: Oh, wir haben ja doch ein Problem! Keiner will, dass die eigenen Kinder Gefahren ausgesetzt sind, gleichzeitig will aber auch keiner, dass das eigene Kind im Arbeitsleben später total abgehängt ist, weil es sich im digitalen Raum nicht auskennt. Also müssen Eltern einen Kompromiss eingehen und ich hoffe, mit meiner Arbeit einen Teil dazu beitragen zu können, dass sich etwas ändert.

Bräuchte es Regeln im Internet, um unsere Kinder zu schützen?

Unbedingt. Ich vergleiche das gerne mit dem Straßenverkehr und der Frage: Wie bringe ich Kindern bei, dass sie sicher zur Schule gehen? Ich nehme sie an die Hand, erkläre Straßenregeln, sage ihnen, dass sie nicht zu Fremden ins Auto steigen dürfen. Ich erkläre ihnen wie wichtig Zebrastreifen und Bürgersteige sind und lehre ihnen, nur bei Grün über die Ampel zu gehen. Kurzum: Ich übe mit meinen Kindern gemeinsam den Schulweg. Das nehmen meine Kinder an und sie nehmen es mir vor allem ab, weil ich Auto fahre, mich sicher im Straßenverkehr bewege, mich auskenne und weil sie wissen, dass ich mehr Kenntnis habe, als sie selbst. Hier bin ich also Ansprechpartner für meine Kinder und nicht die Kinder Ansprechpartner für mich. Das ist eine wichtige Erkenntnis, die man erstmal verinnerlichen muss. So, aber die Geschichte geht weiter: Wenn ich meinem Kind vermittle, dass es nur bei Grün über die Ampel gehen darf, muss im Gegenzug verhindert werden, dass ein Autofahrer bei Rot über die Ampel fährt! Und wenn ich meinem Kind lehre, geh nur auf dem Bürgersteig, dann muss es ja auch eine Regel geben die verhindert, dass jemanden mit 180 km/h mit seinem Motorrad auf dem Bürgersteig fährt. Dafür hat die Gesellschaft ja Gesetze für den Straßenverkehr und die Polizei oder auch das Ordnungsamt geschaffen. Und nun frage ich dich: Gehst du manchmal über eine rote Ampel?

Ja.

Fährst du manchmal zu schnell Auto?

Ja.

Wie viele andere auch. Der Normenbruch ist eben für uns alle normal. Aber: Es kommt darauf an, wann du die Norm nicht brichst. Und das hängt von anderen Aspekten ab. Um ein Beispiel zu nennen: Du gehst nicht bei Rot über die Ampel, wenn ein Kind neben dir steht, Gefahr droht überfahren zu werden oder wenn die Polizei in der Nähe ist. Stimmt’s?

Da hast du total recht.

Dann kennst du auch dieses Phänomen: Es stehen ein paar Menschen an der Ampel, alle halten sich an die Regel und plötzlich kommt von hinten jemand und geht einfach über die rote Ampel. Und dann verändert sich etwas. Weil die Menschen, die jetzt noch stehen und warten, geneigt sind, auch über die rote Ampel zu gehen. Diesen Mechanismus beschreibt die Routine Activity Theorie von Cohen und Felson. Sie besagt, du handelst dann, wenn du motiviert bist, wenn du ein lohnendes Ziel vor Augen hast und es für dich nur geringe Risiken dabei gibt. Wenn also die Risiken aus deiner Sicht geringer werden, bist du auch bereit, gegen die Regel zu handeln. Und vielleicht gehst du dann einfach auch über die rote Ampel …

Insofern: Wir brauchen Regeln – und die Durchsetzung dieser Regeln. Diese Durchsetzung erhöht das Risiko für die Menschen, das sie auch davon abhält, die Regel zu brechen. Würden wir gar keine Polizeisichtbarkeit auf unseren Straßen haben, würden sich noch weniger Menschen an die Regeln halten. Aber weil wir im Straßenverkehr diese Sichtbarkeit haben, die Regeln und noch wichtiger deren Durchsetzung und einen Rechtsrahmen, ist der Straßenverkehr ein regulierter Raum. Das heißt nicht, dass man hier keinem Risiko ausgesetzt ist, dass Risiko ist aber doch deutlich minimiert. Wenn wir diesen Gedanken auf das Internet übertragen, fehlen gerade all diese schützenden Mechanismen oder diese sind nur gering ausgeprägt.

Im Straßenverkehr sind Eltern Ansprechpartner für ihre Kinder, die Gründe hast du erläutert. Wie verhält sich das im Internet?

Ich sehe auch in Studien-Ergebnissen immer eine Tendenz: Eltern sind zwar in der Lage, eine Art Wischkompetenz zu vermitteln, also zum Beispiel, wie man ein Foto hochlädt, eine Nachricht per WhatsApp verschickt und so weiter. Aber sobald Kinder älter werden, es um die Risiken der Kommunikation und Interaktion geht und Kinder in die Pubertät kommen, nehmen sie ihre Eltern nicht mehr als Ansprechpartner wahr – stattdessen eher die eigenen Freunde.

thomas gabriel rüdiger

Wieso entwickelt sich das so?

Aus meiner Sicht, weil die Fähigkeiten der Eltern nachlassen. Wenn sich Eltern nicht mit TikTok, Fortnite, LIKE, Instagram, Clash of Clans und den ganzen gefragten Apps auskennen, sind sie für die Kinder keine Ansprechpartner mehr. Das geht aber noch weiter: Die ganze Situation dreht sich, plötzlich werden die Kinder die Ansprechpartner der Eltern bei digitalen Themen. Und dies führt zu einem absoluten Ungleichgewicht. Viele Eltern wissen gar nicht mehr, was die Kinder anschauen, was sie spielen, in welchen Apps sie sich bewegen. Kinder merken dann, dass sie mehr Wissen als ihre Eltern haben.

Eine Konsequenz aus dieser Wissensüberlegenheit kann dann sein, dass sie den Eltern häufig nicht mehr erzählen, wenn sie etwas Problematisches erleben. Wenn wir also nun wieder auf mein Beispiel aus dem Straßenverkehr zurückkommen, fällt auf: Im Straßenverkehr wird ein Kind nicht nur durch die Eltern geschützt, denn wir haben hier einen Rechtsrahmen, der durchgesetzt wird, und der Kinder damit auch rudimentär vor den Gefahren schützt. Auch, wenn ich als Mutter nicht neben dem Kind gehe, kann es auf dem Bürgersteig laufen. Im Netz allerdings, haben wir keine Bürgersteige auf denen Kinder zumindest rudimentär gesichert sind.

Welche Problematik siehst du bei bei Onlinegames und Apps für Kids?

Ob Messenger, Spiel oder andere Social Media-Apps: Es gibt keine Altersüberprüfung, die wirksam durchgeführt wird. Keiner weiß und keiner prüft, wer mit Kindern kommuniziert und interagiert. Und es gibt für Betreiber von Spielen und Apps auch keine verpflichtenden Maßnahmen. Also zum Beispiel, dass Community Manager – also eine Art Moderatoren auf der Plattform – gewisse Grundkenntnisse vorweisen müssen oder staatlich zertifiziert sind. Und die Nutzer im Netz auch noch nie eine Polizeistreife gesehen haben und gleichzeitig die Wahrscheninlichkeit einer Strafanzeige gering ist, sinkt durch diese geringen Schutzmechanismen gleichzeitig die Hemmschwelle zu Tatbegehungen. Denn man geht im Netz kaum Risiken ein. Deswegen haben wir so viele Straftaten und Normbrüche über digitale Medien. Und in diesem Raum wachsen Kinder nicht nur in Deutschland, sondern letztlich weltweit auf.

Wie können Eltern ihre Kinder hier begleiten?

Ich sehe Eltern als Teil – als Zahnrad – einer digitalen Generalprävention die unterschiedliche gesellschaftliche Maßnahmen zum Schutz von Kindern im Netz vereint. Das bedeutet, dass Eltern sich selbst Medienkompetenz aneignen sollten und sich auskennen. Aber auch Schulen müssen Medienkompetenz vermitteln, Betreiber von Spielen und Apps müssten dazu verpflichtet werden, unsere Kinder zu schützen und: die Sicherheitsbehörden müssen im Netz Präsenz zeigen und so die Strafverfolgungswahrscheinlichkeit erhöhen. Das aber ist alles nicht gegeben. Mein Credo ist dabei, dass das Ziel sein muss, Medienkompetenz nicht für einen unsicheren digitalen Raum zu vermitteln, sondern den digitalen Raum sicherer zu machen und die Kinder dann mit Medienkompetenz auf die restlichen Risiken vorzubereiten. So wie der Straßenverkehr Bürgersteige eingerichtet hat, damit wir und unsere Kinder sicher von A nach B kommen, so muss es auch im Netz Schutz für unsere Kinder geben.

Gefahren im Netz

Wo tauchen Gefahren für Kids geballt auf?

Die Probleme betreffen eigentlich alle Plattformen, auf denen Kinder aktiv sind. Nehmen wir als Beispiele Clash of Clans und Clash Royale, beide haben eine USK Altersfreigabe im Rahmen des sog. IARC Systems ab 6 Jahren erhaltem, da findest du unter den Gilden, also Gruppen von Spielern die sich zusammengeschlossen haben und sich eigene Gruppennamen geben können, ganz offen extremistische Clannamen. Die ganzen Gefahren lauern nicht nur irgendwo im Darknet, sondern da, wo unsere Kinder sind. Eltern können ihre Kinder nur schützen, wenn sie sich hier selbst aktiv auskennen. Es braucht aber auch mehr Sicherheitsbehörden im Netz. Die Risiken und Straftaten haben so massiv zugenommen, weil Täter überhaupt keine Angst haben! Wir haben ein riesiges Problem!

Wie konnte es soweit kommen?

Ich denke, die Gesellschaft hat zu lange daran geglaubt, das Problem nur mit der Vermittlung von Medienkompetenz allein lösen zu können. Dadurch waren auch App-Betreiber in der Vergangenheit fast gar nicht gezwungen, Maßnahmen zu treffen um Kinder und Jugendliche in ihren Programmen vor Extremisten oder Sexualtätern zu schützen. Was auch immer vergessen wurde: Der gesellschaftliche Maßstab bei einer Debatte um digitalen Kinderschutz dürfen nicht die Kinder sein, deren Eltern sich für Medienkompetenz interessieren und sich damit beschäftigen. Der Maßstab müssen die Kinder sein, die diese Medienkompetenz nicht von den Eltern vermittelt bekommen. Denn genau diese Kinder sind ja faktisch absolut ungeschützt.

Und das wiederum erfordert andere Ansätze, als wenn man davon ausgeht, dass Eltern generell Interesse daran haben, Medienkompetenz zu vermitteln und ihre Kinder zu begleiten. Da muss es einfach rudimentäre Schutzmechanismen geben und erst, wenn diese vorhanden sind, kann man Medienkompetenz überhaupt wirksam vermitteln. Eine wichtige Sache ist dabei das Eltern auch authentisch wirken. Du hattest ja auch selbst erlebt, dass dir auch unerwünschte Fotos geschickt wurden: Selbst wenn ich medienkompetent bin, werde ich ja trotzdem mit so etwas wie Penisfotos konfrontiert oder mit verbalen sexuellen Belästigungen. Das Ziel muss doch sein, dass Menschen damit erst gar nicht konfrontiert werden! Denn jeder – ob Kind oder Erwachsener – muss ja erstmal damit klar kommen, solche Fotos oder Videos geschickt zu bekommen.

Wie sind deine Erfahrungen, wenn Kinder in Chats pornografische Inhalte zugeschickt bekommen – teilen sie das ihren Eltern mit?

Viele Kinder würden ihre Eltern nicht informieren, aus Scham oder sogar Schuldgefühlen, aber vor allem weil die Kinder Angst haben, das die Eltern Internet oder Handy verbieten. Ich habe Fälle erlebt, da sind Minderjährige zur Polizei gekommen, anstatt mit ihren Eltern zu sprechen, weil sie so eine große Angst hatten, dass die Eltern das Handy verbieten.

Gibt es Apps, die du als besonders gefährdend einstufst?

Ich halte immer nichts davon, eine spezielle App zu nennen. Das verleitet nämlich zur Annahme bei anderen Programmen gäbe es dann keine Risiken. Generell ist das ein Grundproblem des Internets und kein Programm- oder App- spezifisches Problem. Überall dort wo es die Möglichkeit einer onlinebasierten Kommunikation gibt, gibt es auch das Risiko digitaler Übergriffe. Gegenwärtig beschäftige ich mich mit einer App, die ähnlich wie TikTok aufgebaut ist, jedoch noch per GPS anzeigt in welchen Umkreis die Person ist – also auch die Kinder – die das Video gepostet hat. Wie gefährlich das sein kann erschließt sich von selbst …

Problem: Pornografie

Ich möchte gerne mit dir ins konkrete Fallbeispiel gehen, wir hatten ja auch schon über meine Recherche im KIK Messenger gesprochen, da bekam ich unaufgefordert pornografische Inhalte zugesandt. Welchen Weg kann ich als Elternteil gehen, wenn mein Kind bei Instagram, TikTok, LIKE oder anderen Plattformen Cybergrooming erfährt oder sogar Pornografie zugeschickt bekommt?

Was du erlebt hast sind massive Delikte und das ist leider kein Einzelfall. Auf einen Cybergrooming Täter können dreistellige Opferzahlen kommen – Penisfotos, also Dick Pics, sind hier ein Klassiker.

Du kannst dies auf jeden Fall zur Anzeige bringen. Die Aufklärungsrate bei Cybergrooming liegt bei 87 Prozent. Es ist auch wirklich wichtig, solche Fälle anzuzeigen, um künftig auch andere Kinder zu schützen. Auch das unerwünschte Zusenden von pornografischen Medien ist strafbar. In diesem Fall greift § 184 Abs 1 Nr. 6 „Verbreitung pornografischer Schriften“ aus dem Strafgesetzbuch.

Welche Infos braucht die Polizei in so einem Fall von mir?

  1. Screenshot machen und nichts löschen. Die Screenshots müssen unbedingt Uhrzeit und Datum enthalten – das vereinfacht die Ermittlung.
  2. In keinem Fall sollte man den Nutzer blockieren, das würde ihn warnen und er kann sich zurückziehen, bevor die Polizei ihre Arbeit erledigt hat. Auch sollten Eltern keinesfalls reagieren oder dem Täter schreiben. Dies könnte ihn ebenfalls warnen.

Wenn man das hat, muss man auch nicht zwingend zur Polizeiwache gehen, man kann das auch bei einer Internetwache im eigenen Bundesland melden.

cybergrooming melden

Täter haben nicht ein Opfer, sie haben hunderte von Opfern

Es lohnt sich also, solche Straftaten auch anzuzeigen …

Richtig, es lohnt sich immer. Nicht nur, weil ich mein eigenes Kind schütze. Auch, weil ich ja künftige Vergehen eines Täters verhindern kann oder sich durch meine Anzeige bisherige Straftaten aufklären lassen.

Hypersexualisierte Täter, denen du auch in deiner Arbeit begegnet bist, wollen eine schnelle sexuelle Interaktion. Das geht über in Erpressungsphasen, damit sie Fotos und Videos vom Kind bekommen und dann drohen Täter, alles den Eltern oder Freunde etc. zu erzählen, wenn das Kind nicht noch mehr „Material“ schickt.

Diese Täter haben aber nicht ein Opfer, sie haben nicht selten hunderte von Opfern! Und viele Kinder oder deren Eltern bringen das nicht zur Anzeige. Die Polizei kann Opfer aber nur rausholen, wenn sie im Rahmen einer Ermittlung den Täter aufhebt.

Nun sind Sexualstraftäter ja heute deutlich jünger als man denkt …

Ja, und es geht ziemlich schnell, selbst zum Täter zu werden. Ich erkläre das mal an einem Beispiel: Eine 13-Jährige macht ein Masturbationsvideo von sich und schickt es bei WhatsApp ihrem 14jährigen Freund. In diesem Moment entsteht faktisch Kinderpornographie. Und wenn das ein 14-Jähriger macht, entsteht Jugendpornographie. Der Freund schickt das Video dann irgendwann weiter im Chat. Es gibt eine Vielzahl von Fällen in Deutschland, bei denen diese Videos kursieren. Und dann machen sich alle strafbar – wegen Besitz von Kinder- oder Jugendpornographie. Das ist kein Spaß mehr, da kommt die Polizei in die Schule und steht bei den Eltern vor der Tür für eine Durchsuchung.

Und wie kann man das durchbrechen, wenn man damit zur Polizei gehen will?

Auf jeden Fall sollte man sehr vorsichtig dabei sein, Screenshots von solchen Medien anzufertigen, im ungünstigsten Fall kann man sich dabei selbst strafbar machen. Besser ist in diesem Fall mit dem original Smartphone zur Polizei gehen, falls man etwas zur Anzeige bringen muss.

Panikmache?

Was sagst du Leuten, die behaupten: „Alles nur Panikmache!”

Das ist ja ein klassisches Spannungsverhältnis, die einen die sagen „alles Panikmache“ und die anderen die sagen „nur Risiken“. Ich versuche eigentlich immer Menschen selbst diese Erfahrungen machen zu lassen. Dann rate ich ihnen, sich mal als Kind im Netz zu bewegen oder lasse sie auf ihren Smartphones Risiken recherchieren. Meist braucht man keine halbe Stunde diese Allgegenwärtigkeit vor allem von digitalen Sexualdelikten zu zeigen, was auch du schon erlebt hast. Und dann ändert sich die Sicht meist sehr schnell …

Was können Eltern tun, um ihre Kinder digital zu begleiten?

Ich gebe in meinen Vorträgen immer vier Tipps:

  1. Experte sein. Eltern sollten alle Apps, alle Spiele und alle Gefahren kennen. Und wenn das Kind Fortnite zockt, dann sollten Eltern das eben auch tun.
  2. Erklärbar werden. Dazu sollten Eltern wissen, was in den jeweiligen Apps passiert oder passieren kann, denn nur dann können sie mit ihren Kindern auch darüber sprechen.
  3. Ansprechpartner sein. Vertrauen ist sehr wichtig. Eltern sollten ihren Kindern auch vermitteln: Wenn dir im Netz etwas passiert, trägst du keine Schuld. Du musst mich nur informieren.
  4. Vorbild sein. Eltern müssen Vorbilder sein. Das ist man aber nicht, wenn man ein Foto des Kindes als WhatsApp Profilbild hat oder öffentlich Kinderfotos postet.

medienkompetenz für eltern

Wieso schaffen es Apps wie TikTok, Tellonym, LIKE oder MovieStarPlanet überhaupt in die deutschen App Stores?

Unsere Gesetzesgrundlagen lassen es zu. Der Jugendmedienschutz in Deutschland basiert primär auf zwei Regularien von Bund und Ländern. In beiden Gesetzeskonstrukten geht es aber eher um entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte. Sprich: Gewalt, Pornografie oder zum Beispiel die Darstellung eines Hakenkreuzes. Es spielt aber keine Rolle mit wem ein Kind in diesen Programmen in Kontakt kommt oder nicht.

Wie alt sind diese Gesetze denn?

Meines Wissens nach ist das Jugendschutzgesetz, das in der Hoheit des Bundes liegt, 1952 in Kraft getreten, 2003 gab es eine Neufassung. Und der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, der eine Bestimmung der Bundesländer ist, wurde 2016 geändert, aber 2002 erlassen.

Ist dies, solange Betreiber nicht zu Transparenz verpflichtet sind, wer sich in den Programmen aufhält, ein unlösbares Problem?

Auf jedem Spielplatz würdest du dich umdrehen und reagieren, wenn ein 45-Jähriger Mann einfach so Kinder anspricht. Aber in fast jeder Form sozialer Medien passiert genau dies. Auch weil es keinen Mechanismus gibt, der verhindert, dass fremde Menschen mit unseren Kinder interagieren. Im Gegenteil: Hier heißt es – wenn man nach den Altersempfehlungen in den App Stores geht – sobald du beispielsweise mindestens sechs Jahre alt bist, darfst du mit allen Erwachsenen kommunizieren.

Wir dürfen nicht vergessen: Das Netz wurde von Erwachsenen für Erwachsene geschaffen. Wenn wir aber die Schutzinteressen von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen wollen, bedeutet das, das wir Einschränkungen brauchen. Kinder und Jugendliche können ja auch keinen Tabak oder Alkohol kaufen. Um Kinder zu schützen brauchen wir auch fürs Netz neue Regeln und Gesetze. Aber wo bleibt da der gesellschaftliche Aufschrei?

Jugendmedienschutz in Deutschland

Gibt es Hoffnung, dass sich die gesetzliche Situation für Betreiber von Apps und Plattformen ändern wird?

Ich bin häufig als Sachverständiger bzw. Experte in politischen Gremien bei Bund und Ländern unterwegs, auch z.B. in der Kinderkommission des Bundestages. Aber diese Mechanismen sind recht komplex und auch der Lobbyismus hat hier einen Anteil. Dazu muss man wissen, wie das System des Jugendmedienschutzes hierzulande funktioniert. Es basiert auf dem Konzept der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK), so dass sich die Wirtschaft selbst kontrolliert bei der Einhaltung von Jugendschutz Aspekten. Hierfür gibt es z.B. die FSF, die für Filme zuständig ist, die USK, die die Altersfreigaben für Spiele und Apps herausgibt, die FSM für Jugendmedienschutz und die FSF für Jugendschutzbelange im Fernsehen.

Wird das staatlich finanziert?

Nein, diese Institutionen werden faktisch von der freien Wirtschaft getragen, also nicht vom Staat finanziert. Sie setzen auch genau das um, was ihnen der Gesetzgeber vorschreibt. Und das ganze Prozedere kommt den Betreibern von Computerspielen und Apps zugute, denn die FSK reagiert nicht in Form von Empfehlungen an die Politik, sie hält sich nur an die Gesetze. Es erscheint fraglich ob beispielsweise die FSK selbst neue Risiken ansprechen würde, die der Gesetzgeber noch nicht abgedeckt hat. Denn dies würde ja letztlich durch deren Mitglieder und Geldgeber umgesetzt werden müssen. Dies kann man beispielhaft an den Altersfreigaben für Onlinespiele durch das IARC System der USK sehen. Hier bekommen Spiele Freigaben ab 0 oder 6 Jahren über die abgeurteilte Sexualtäter ihre Opfer gefunden haben. Das ist so, als wenn der Betreiber eines Indoorspielplatzes in denen Kinder sexuell missbraucht wurden oder mit Extremisten spielen eine Altersfreigabe für Kinder erhalten würde. Im physischen Raum undenkbar. Wieso ist es wichtiger, dass ein Kind keine nackte Brust einer Frau im Netz sieht, als das es in denselben Programmen mit Mitspielern und Mitakteuren konfrontiert wird, die Extremisten oder Sexualtäter sind? Warum werden Betreiber nicht verpflichtet, Schutzmaßnahmen einzurichten?

Versteht die Politik, was in den Apps passiert?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass selbst Akteure aus diesem Bereich gerade in diesem Segment auch nicht vollumfänglich eingearbeitet sind. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz wäre beispielsweise eine Schraube gewesen, um im Bereich der Onlinegames Kinderschutz durchzusetzen. Doch es gelang der Spielewirtschaft durch Lobbyarbeit, dass alle Games aus dem Regelungsgehalt des Netzwerkdurchsetzungsgesetz heraus genommen wurden. Und das halte ich für nicht richtig.

Wo wir gerade über Onlinegames sprechen – hilft es, die Chateinstellung zu deaktivieren, damit Kinder geschützter Spielen können?

Wenn man das kann, dann ja. Aber man kann eben nicht in jedem Spiel die Einstellung zum Chat abschalten. Bei Clash of Clans oder Clash Royale geht es zum Beispiel nicht, bei anderen hingegen schon. Die Betreiber sind auch nicht dazu verpflichtet, die Möglichkeit einzubinden, Chats zu deaktivieren. Denn der Jugendmedienschutz schreibt das nicht vor.

Bist du selbst Gamer?

Oh ja, und ich spiele wirklich alles. Ich habe jede primäre Spielekonsole, einen GaminPC und spiele Clash of Clans, Clash Royale, Battlefield, Fortnite aber auch mal ne Runde Fifa oder Fallout. Man kann sagen, ich zocke wirklich viel und bin auf allen relevanten Plattformen mit eigenen Accounts vertreten. Anders geht es aber auch gar nicht. Ich muss ja wissen, was da passiert.

Smartphone bei Kids

Wie ist deine Empfehlung aus Polizeisicht zum Thema „Smartphone bei Kids – ab wann“?

Sagen wir mal so: Du lässt dein Kind das erste Mal zur Schule gehen, wenn du es auf alle Risiken vorbereitet hast und es so fit ist, dass die Risiken minimiert sind, es also geschützt ist. Und so ist es auch beim Handy: Sind Eltern darin fit, können sie auch langfristig das Kind am Smartphone begleiten. Ohne das geht es nicht. Eltern müssen sich komplett auskennen mit der Welt, die ihre Kinder dort. Also nicht nur die Onlinewelt, die das Kind im Alter von zehn Jahren erlebt, sondern auch der digitalen Realität, die es mit 12, 13, 14 Jahren erwartet. Sie sollten immer bereit sein, Experte zu werden.

Wenn du einen Sohn hast, der FIFA zocken will: Dann spiel es selbst, sammle selbst Erfahrung. Und die kannst du dann mit deinem Kind teilen und mit ihm in Diskussion treten. Auch das ist Medienkompetenz und man muss ganz klar sagen: Die Vermittlung von Medienkompetenz kann das eigene Kind schützen.

Welche Wege können Eltern noch gehen?

Eltern sollten sich an den vier Maßnahmen orientieren, die ich eingangs erwähnt hatte: Experte sein. Erklärbar werden. Ansprechpartner sein. Vorbild sein. Wir dürfen aber nicht die gesamte Verantwortung an die Eltern übertragen. Eltern haben gegenwärtig keine andere Wahl, da die anderen Mechanismen faktisch beim Schutz von Kindern nur eine geringe Effektivität haben. Aber dringend muss die Politik hier Weichen stellen. Sonst sagt sie sich irgendwann: Ach, das machen die Eltern schon. Medienkompetenz schützt das individuelle Kind, es muss aber in der Debatte weiterhin darum gehen, Kinder grundsätzlich zu schützen. Und diese Diskussion müssen wir führen.

In der idealen Welt würde dies ein Zusammenspiel aus Eltern, Schulen, Polizeipräsenz im Internet und Politik bedeuten?

Ja, aber dabei muss man bedenken: Ein globalisierter Raum wie das Internet, der keine physischen Grenzen kennt, darf nicht mit einem Normverständnis behandelt werden, das auf Landesgrenzen basiert. Wir brauchen ein globales digitales Strafrecht, also ein gemeinsames Konzept, um Kinder im Netz zu schützen. Eine weltweite Polizei im digitalen Raum, die diese Maßnahmen durchsetzt. Aber das ist utopisch. Im deutschsprachigen Internet könnte man das mit den Ländern diskutieren und ein Konstrukt fürs Netz schaffen. Aber auch das könnte kritisiert werden. Denn: Tätern ist es egal, in welchem Land ein Kind sitzt und welche Gesetze dort vorherrschen.

Lieber Thomas, ich denke dir für deine Zeit und deinen Einblick!

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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Melanie Wege
    18. Mai 2019 11:37

    Super informativ. Danke Leonie und Herr Rüdiger für diesen Einblick. Meine Schwierigkeit ist dass ich in unsere Klasse (Grundschule 4. Klasse) nur eine der wenigen Mütter bin die sich Gedanken machen. Ich frage mich was noch passieren muss, dass endlich alle wach gerüttelt werden. Jede Woche dominieren doch Schlagzeilen über das was Kindern widerfahren kann. Ich hoffe, viele Eltern lesen das hier und danke an Herr Rüdiger für die vier Maßnahmen. Ich habe mir das Bild direkt gespeichert.

    Antworten
  • Bin ihm gleich mal bei Instagram gefolgt. Traurig eigentlich dass man über diese Themen reden muss. Gab viele Aspekte in diesem Interview die ich selbst noch nie so gesehen habe. Aber er hat einfach Recht!!

    Antworten
  • Hallo, ich hatte auf Instagram die vier Regeln gelesen und bin dann über den Link zu diesem Artikel gelangt und hab mir das Interview durchgelesen, in dem viele superwichtige und richtige Dinge stehen.
    Allerdings stoßen mir insbesondere zwei Dinge auf.
    “1. Experte sein. Eltern sollten alle Apps, alle Spiele und alle Gefahren kennen. Und wenn das Kind Fortnite zockt, dann sollten Eltern das eben auch tun.”
    Theoretisch ist das so, praktisch ist das nicht möglich. Selbst in unserem Haushalt nicht und wir kennen uns wirklich sehr gut aus und haben z.B. alle Konsolen, um Spiele auszuprobieren. Psychologisch sind solche Forderungen (oder Tipps) wenig hilfreich. Menschen, die ich sich ohnehin nicht so gut auskennen, geraten in Panik weil sie dann komplett überfordert sind. Viel wichtiger ist doch eine Metakompetenz. Dass man die Herausforderungen allgemein kennt. Dass man weiß, dass es in manchen Spielen Chatkanäle gibt (oder DMs in sozialen Plattformen), die man deaktivieren kann (oder eben nicht und wie man dann damit umgeht), dass man grundsätzlich Spielemechaniken kennt und weiß, warum sie für welches Alter oder Kind problematisch sein können. Man muss nicht jedes Spiel spielen. Man kann sich auch mit Let’s Plays und Einschätzungen des Spieleratgebers NRW oder der Spielbar behelfen. Auch nach YouNow und TikTok werden Apps kommen, die die Elterngeneration nicht benutzen werden. Es reicht völlig, wenn man sich auf Seiten wie klicksafe oder SCHAU HIN! informiert, was es für Probleme gibt und wie man damit umgeht und wie man v.a. die Kinder aufklärt. Cybergrooming ist nämlich kein Problem, das bestimmten Apps oder Plattformen innewohnt. Wenn man sich damit befasst, dann kann man die Kinder generell fit machen und muss eben nicht JEDE App kennen. Um im Bild des Straßenverkehrs zu bleiben: Ich laufe meinem Kind doch auch nicht für immer jeden Weg hinterher.

    Genauso ist mir der Punkt “4. Vorbild sein. Eltern müssen Vorbilder sein. Das ist man aber nicht, wenn man ein Foto des Kindes als WhatsApp Profilbild hat oder öffentlich Kinderfotos postet.” aufgestoßen. Die Kinderbilder im Netz-Diskussion ist doch schon hunderte Male geführt worden. Dieses Stigmatisieren von Eltern, die Kinderfotos posten, ist so unnötig. Es geht nicht darum _ob_ sondern _wie_ man Fotos postet. Ein Internet komplett ohne Kinderfotos ist eine furchtbare Vorstellung. Das Internet ist Spiegel unserer Gesellschaft, ist Teil der Gesellschaft und zu der gehören Kinderfotos. Dass entwürdigende, persönliche, (halb)nackte Fotos nicht gepostet werden sollen, da sind sich sicherlich alle einig. Aber gar keine Fotos?

    Ich finde es wenig zielführend, dass die Debatte um Medienkompetenz oft so extrem schwarz-weiß und alarmistisch geführt wird. Man kann nicht alles wissen – egal wie man sich bemüht. Es ist auch ein veraltetes Lernmodell, das davon ausgeht, dass eine Person die Wissenshoheit haben muss. Eltern können auch Prozessbegleiter im Lernen sein. Deswegen ist die Regel “Ansprechpartner sein. Vertrauen ist sehr wichtig. Eltern sollten ihren Kindern auch vermitteln: Wenn dir im Netz etwas passiert, trägst du keine Schuld. Du musst mich nur informieren.” die zentrale und wichtige.
    Lernt zusammen mit den Kindern. Fangt früh an, wenn die Herausforderungen noch überschaubar sind und begleitet die Kinder dann beim Lernen.

    Antworten
    • Thomas-G. Rüdiger
      19. Mai 2019 17:24

      Hallo liebe Dasnuff,
      Du hast da auch wichtige Themen angesprochen, bei denen ich Dir einerseits recht geben kann, andererseits, dass aber auch ein wenig anders sehe. Recht gebe ich Dir jedenfalls, was das Thema Experte werden angeht. Das war ein bisschen überspitzt formuliert, natürlich muss man nicht alle Spiele und Apps beherrschen (das geht ja faktisch nicht). Man muss tatsächlich – wie auch richtigerweise von Dir beschrieben – die Grundmechanismen verstehen. Beispielsweise lernt man mit einem KFZ das Autofahren und macht damit auch seinen Führerschein, danach kann man aber alle anderen Autos auch bedienen, da man das Grundprinzip und die Regeln vermittelt bekommen hat. Ein bissel differenzierter habe ich das bei Interesse in diesem Interview dargestellt https://www.maz-online.de/Brandenburg/So-schuetzen-Sie-Ihr-Kind-vor-sexueller-Belaestigung-im-Internet .

      Das Thema LetsPlay statt selbst zocken, das sehe ich tendenziell anders. Besser als gar nichts machen jedenfalls. Aber das kann meiner Meinung nach nie die eigenen Erfahrungen und auch das Verständnis für die Faszination ersetzen. Zudem heißt es ja nicht, dass wenn Eltern sich drei oder vier Videos anschauen, dass da dann auch problematische Inhalte gezeigt oder angesprochen werden. Ein Freund – und Medienexperte – hatte sich auch mal bei Clash of Clans als Kind angemeldet und gleich am ersten Tag die Frage erhalten ob er auch ein “Geschlechtsteil” hätte (war ein anderer Begriff). Da kann er ganz anders mit seinem Kind über die Risiken reden und nicht nur sagen, ich habe da ein Video gesehen.

      Thema Klicksafe und Co jedenfalls wichtiger Hinweis, und besser als sich auf die USK Altersfreigaben zu verlassen. Aus meiner Sicht ist das Problem doch aber dass es klassisch so läuft: Ein Kind kommt zu den Eltern und sagt ich will das spielen oder nutzen, Eltern machen sich einen Kopf, fragen ab wann das Programm freigegeben ist. Kind zeigt ab 0 Jahren (MSP), 6 Jahren (Clash of Clans, Clash Royale etc…) usw… (USK Iarc System), dann schauen Eltern vermutlich gar nicht mehr in Informationsangebote, warum auch wenn die Programme für Kinder freigegeben werden (die Orientierung auf Altersfreigaben geben auch beispielhaft die KIM Studien her). Wenn Sie zudem vielleicht gar nicht wissen oder wissen wollen, dass dort Risiken sein können. 
      Persönlich besser finde ich in dem Zusammenhang – auch statt 30-seitiger Broschüren wie z.B. bei Klicksafe – übrigens Videos und Werbespots (evtl. auch interessant unser Video zu Cybergrooming im Bereich Onlinegames https://www.youtube.com/watch?v=G3Kyk8K0Y90 ).
      Kinderbilder im Netz sehe ich wiederum – wenig überraschend vermutlich – anders. Grob gesagt,  ich glaube dass es die Verantwortung der Eltern sein sollte die Risiken für Kinder zu minimieren und nicht zu erhöhen, was sie aber mit einem unreflektierten Posten im Netz eher machen und noch dazu den Kindern eine digitale Identität geben bevor diese sich selbst bestimmt im Netz definieren können. Diese Verantwortung überwiegt aus meiner Sicht, dass Thema das Kinder im Netz sichtbar (sprich: durch Bilder) auch präsent sein sollten. Da erlaube ich mir aber vielleicht der Einfachheit halber (gut ich gebe zu für mich ;)) und bei Interesse auf die Podcasts von Toyah Diebel und mir zu dem Thema zu verweisen ( https://soundcloud.com/thomas-gabriel-ruediger/sets/kinderbilder-im-internet ).

      Mir ist bewusst, dass man das auch anders sehen kann und es hier auch gute Argumente für beide Seiten gibt, daher bin ich der Meinung dass die Debatte wichtig ist um Eltern zum Nachdenken anzuregen.
      Ein Wort vielleicht noch zum Thema ob man die Risiken nicht zu stark, letztlich also die Gefahren übertrieben darstellt. Mich erinnert die Debatte immer ein wenig an die Präventivwirkung des Nichtwissens von Popitz. In vielen Studien kommt heraus, dass im Netz Übergriffe und Normenbrüche gegenüber Kinder durchaus als normal betrachtet werden müssen (man denke an die U 25 Studie von Divsi oder die Studie zu Cybergrooming von SOS Kinderdorf usw…) und Normenbrüche auch im Dunkelfeld wesentlich häufiger stattfinden als im physischen Raum. Dennoch existiert auch die Tendenz zu sagen, dass ist gar nicht so schlimm im Netz.
      Dies führt aber nach meiner Erfahrung dazu, dass manche Eltern sagen naja so schlimm ist das gar nicht im Netz da braucht man sich nicht wirklich mit beschäftigen. Politik und Sicherheitsbehörden sagen naja das ist ja gar nicht so schlimm und Eltern treibt es auch nicht um, da brauchen wir gar nicht auf die Betreiber einwirken, damit diese Kinderschutzmaßnahmen treffen (man denke an das NetzDG und Onlinegames) oder mehr Personal für das Netz einsetzen. Bildungseinrichtungen sagen dann, ja ist wichtig aber doch anscheinend nicht so wichtig. Jeder der sich heute (oder auch vor 10 Jahren so weit es die Programme schon gab) mal als Kind bei Knuddels, Moveistarplanet, Habbo Hotel, TikTok, KIK und Co angemeldet hat, kann das eigentlich auch selbst wahrnehmen (eine interessante Lektüre dazu ist evtl. auch Füller zu die Revolution missbraucht ihre Kinder). Ich weiß nicht ob Leonie hier auch noch ihre eigenen Erfahrungen posten wird, wenn sie als Kind im Netz unterwegs ist, denke aber schon.
      Wir alle haben ja dasselbe Interesse daran Kinder bestmöglich vor Risiken und Straftaten auch im Netz zu schützen. Dafür brauchen wir genau dieses Abwägen und gegenseitige Argumentieren. Falls Du Lust hast Dich noch weiter auszutauschen stehe ich immer gerne zur Verfügung über Instagram oder auch woanders. Ich finde das auf jedenfall spannend ;).
      lg 

      Antworten

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