Der Krieg auf TikTok
Vor rund einer Woche, ein paar Tage nach Beginn des Kriegs in der Ukraine, habe ich auf meinem Instagram-Kanal diverse TikTok-Clips geteilt, um Eltern davor zu warnen, was ihre Kinder in der App momentan zu sehen bekommen.
Ich sah Clips von Kampfjets, Bombeneinschlägen, Heere an Panzern, weinende Menschen, die via TikTok um Hilfe baten. Hinzu kamen Militärübungen, die mit neu versehenem Datum suggerieren, dass es sich um aktuelles Videomaterial handelt, und Filmszenen, die darstellen sollten, wie Menschen fliehen. Das ist die Herausforderung momentan: Die Unterscheidung, welche Bilder verifiziert werden können, welche schlichtweg für Likes und Klicks missbraucht werden, wo es sich um einen Fake, wo um russische Propaganda handelt.
Zwischen die – vermutlich – echten Aufnahmen aus der Ukraine mischt sich auch altes Videomaterial. Eine Sequenz zeigt einen vermeintlichen Angriff, zu sehen ist jedoch die Explosion einer Tankstelle aus dem Jahr 2014. Auch gezeigte Szenarien rund um Atombomben sind beängstigend, belastend und bedrohlich – Inhalte, die Kinder und Jugendliche nicht unbegleitet sehen sollten.
Mittlerweile haben sich die Videos, die in meinen TikTok-Feed gespült werden, verändert. Ich sehe mehr menschliches Leid, kleine Kinder auf der Flucht. Bilder, die kaum auszuhalten sind. Und Bilder, die Kinder und Jugendliche nicht sehen sollten.
Wenn ich als Erwachsene Nachrichten schaue, kann ich absehen, was mich ggfl. erwartet und bewusst entscheiden, ob ich bereit bin, diese Bilder zu sehen.
Wenn aber ein Kind TikTok öffnet, um sich ein paar lustige Videos anzusehen, dann aber solches Material vorgeschlagen bekommt – dann hat das mit bewusster Entscheidung nichts mehr zu tun.
TikTok unterscheidet zwischen den sogenannten „Folge ich“ und „Für dich“-Feeds. Ersterer zeigt mir nur Videos von anderen Kanälen, denen ich bewusst folge. Hinter dem „Für dich“-Feed hingegen entscheidet der Algorithmus, was ich zu sehen bekomme. Und das ist für Kinder und Jugendliche momentan keine so gute Idee.
Ich hoffe, dass TikTok die Sichtbarkeit einiger Clips kurzfristig stärker einschränkt. Technisch wäre das zu machen, das zeigten auch schon andere Fälle, als in der Vergangenheit irgendwelche Challenges die Runde machten. Ich will TikTok nicht unterstellen, dass hier nichts unternommen wird. Das weiß ich schlichtweg nicht. Ich kann aber nur Eltern dafür sensibilisieren, dass sie in diesen Tagen etwas genauer hinsehen bei dem, was ihre Kinder dort konsumieren. Dieser Krieg findet auch auf Social Media statt. Und dort sind unsere Kinder teils breiter aufgestellt als wir.
Die Informationen in Kürze:
- Es kann Kinder schützen, TikTok kurzzeitig zu deaktivieren.
- TikTok hat entsprechende Jugendschutzeinstellungen, die auch im Leitfaden für Eltern zusammengefasst sind. Ich hoffe auf eine Aktualisierung dieser Einstellungen aufgrund der aktuellen Lage!
- Eltern können den begleiteten Modus mit dem Kind aktivieren und nutzen.
- Familien, die Google Family Link als Sicherheits-Tool nutzen, können die App blockieren.
- Haben Kinder die TikTok-App nicht, bekommen aber über WhatsApp oder andere Social Media-Kanäle TikTok Videos weitergeleitet, kann die Weiterleitung zum Browser in der Übersicht bei Google Family Link über Einstellungen und “Verwalten”, “Filter für Google Chrome”, “Websites verwalten” unter “erlaubte und zu blockierende Webseiten” aktiviert werden.
Einstellungen bei TikTok
Eingeschränkter Modus: in den Einstellungen unter dem Reiter „Digital Wellbeing” aktivieren. Achtung: auch mit dieser Einstellung wurden mir in meinem Feed teils Kriegs-Szenarien angezeigt.
Bildschirmzeit-Management: in den Einstellungen unter dem Reiter „Digital Wellbeing” aktivieren. Achtung: Diese Einstellung schützt nicht vor Inhalten, sie hat lediglich die Uhrzeit im Fokus, also das eingestellte Zeitlimit zur Nutzung.
Begleiteter Modus: Hierzu benötigen auch Erziehungsberechtigte die TikTok-App. Danach kann in den Einstellungen unter “Begleiteter Modus” das Gerät der Eltern mit dem Gerät des Kindes gekoppelt werden. Im Anschluss empfiehlt es sich, die nun angezeigten Videos zu prüfen.
Den „Begleitenden Modus“ gibt es seit 2020. Bei Aktivierung können Eltern den Account des Kindes mitverfolgen. Hierzu brauchen jedoch beide einen angelegten Account, Eltern wie Kind. Gekoppelt werden die Accounts über einen QR-Code. Die Funktion ist über die Einstellungen zu finden, nach unten scrollen >> Begleiteter Modus anwählen.
ELTERN-TIPP: Nutzt die Websites mimikama.at, den Faktenfinder der Tagesschau und die Internetseite correctiv.org, wenn ihr unsicher seid, ob es sich um eine Falschinformation oder Fakt handelt.
Wichtige Einstellungen für Kinder bei TikTok:
- Kinder sollten TikTok unter 13 Jahren nicht nutzen
- Profilbild: Kind sollte nicht erkennbar sein
- Profil nach der Installation auf “Privates Konto” stellen
- Profilname: Aus dem Nutzernamen sollte nicht hervorgehen, wie der Name des Kindes ist, welches Alter und welchen Wohnort es hat. Negativ-Beispiel: Nina2009cologne. Dies schützt Kinder vor Anfragen von Fremden im Netz.
- Profil so einstellen, dass nur Freunde dem Kind Direktnachrichten schicken dürfen. (Zu finden in den Einstellungen unter „Datenschutz“)
- Folgende Funktionen lassen sich deaktivieren:
> Schlage anderen dein Konto vor
> Erwähnungen und Markierungen
> Duett aufführen
> Direktnachrichten empfangen
- Hilfreich ist auch der Kommentarfilter, dem man Stichworte hinzufügen kann, die ausgeschlossen werden sollen (Zum Beispiel: sexy, cute, hot, chat, usw.)
Hier ist noch eine Übersicht, die ihr für eure Teenager speichern könnt, falls sie TikTok nutzen:
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